Ausblick 2020 auf die Industriemetalle

Frankfurt/M. -  Wie schon 2019 dürfte auch 2020 von Unsicherheiten geprägt sein, vor allem vor dem Hintergrund des Handelsstreits. Hinzu kommt, dass das Angebot auf allen Metallmärkten ausgeweitet werden soll, während die Nachfrage nur moderat zunehmen wird. Die Commerzbank geht von Überschüssen aus und erwartet für 2020 zumeist fallende Metallpreise.


Metallpreise erhalten kaum Unterstützung von der Konjunktur


2019 war geprägt von politischen Themen, insbesondere dem Handelsstreit zwischen den USA und China. Durch den Handelsstreit wurden metallspezifische Themen in den Hintergrund gedrängt. Daher war die Preisentwicklung der Industriemetalle in diesem Jahr verhalten, sagt Commerzbank Research. Kupfer, Aluminium, Zink und Blei werden das Jahr voraussichtlich leicht unter ihren Vorjahresniveaus beenden. Nickel und Zinn waren die Ausreißer – Nickel im positiven Sinn, Zinn im negativen.

Auch im nächsten Jahr werden uns die bekannten übergeordneten Themen und der Handelsstreit weiter begleiten. Nach Ansicht von Commerzbank sind die Probleme zwischen den USA und China viel grundlegender und beziehen sich nicht nur auf Handelsfragen. Außerdem stehen in den USA im nächsten Jahr Präsidentschaftswahlen an und US-Präsident Trump könnte den Handelsstreit wahlkampftaktisch einsetzen. Das heißt, dass die Märkte verunsichert und die Metallpreise volatil bleiben dürften.

Laut Commerzbank dürfte die Dynamik in den wichtigsten Ländern/Regionen weiter nachlassen, so dass die Metallpreise von dieser Seite keine Unterstützung erhalten sollten. China wird als Lokomotive für die Weltwirtschaft auch 2020 ausfallen, da die Regierung in Peking u.a. ihr Konjunkturprogramm nicht nennenswert aufstocken wird. Die Commerzbank geht davon aus, dass es in den USA und im Euroraum zu keiner Rezession kommen wird, allerdings erwartet sie für den Euroraum nur eine blutleere wirtschaftliche Aufwärtsbewegung. Unterstützt wird die Konjunktur in vielen Ländern durch die anhaltend lockere Geldpolitik der Zentralbanken. Möglicherweise werde der US-Dollar im nächsten Jahr abwerten.


Kupfer: Ende der Angebotsdefizite


Die International Copper Study Group (ICSG) sieht für das nächste Jahr ein Ende der Angebotsdefizite am globalen Kupfermarkt. Demnach soll sich 2020 ein Angebotsüberschuss von 281 Tsd. Tonnen auftürmen (Grafik 2). Dieser könnte sogar auf fast 600 Tsd. Tonnen steigen, sollten größere Produktionsunterbrechungen ausbleiben. Den Überschuss führt die ICSG in erster Linie auf ein deutlich steigendes Angebot zurück. In China werden wohl weitere Produktionskapazitäten aufgebaut. Zudem steht mehr Kupferkonzentrat zur Verarbeitung zu Kupferraffinade zur Verfügung, da die Minenproduktion im nächsten Jahr merklich anziehen soll. Allen voran eine Erholung der Produktion in Indonesien (zum Beispiel „Grasberg“-Mine) und in Afrika (Sambia und Kongo) sowie eine neue Mine in Panama („Cobre Panama“) spielen hierbei eine Rolle. Die Schmelz- und Verarbeitungsgebühren werden wohl 2020 auf einem 9-Jahrestief liegen und deuten auf einen relativ angespannten Markt für Kupferkonzentrat hin.

Zum erwarteten Angebotsüberschuss bei Kupfer kommt eine verhaltene Nachfrage. Letztere hat die ICSG sowohl für 2019 als auch für 2020 nach unten korrigiert. Nach einem Plus von nur 0,3% in diesem Jahr soll die Nachfrage im nächsten Jahr immerhin um 1,7% anziehen. Grund sei vor allem ein nachlassendes Wachstum der Weltwirtschaft. Die Nachfrage im weltgrößten Kupferverbrauchsland China soll nur um magere 1% zunehmen.
Anhand der aktuellen Entwicklungen erwartet die Commerzbank 2020 zunächst fallende Kupferpreise. Erst im zweiten Halbjahr werde wohl der Preisrückgang im Einklang mit einer sich stabilisierenden Wirtschaft gestoppt werden. Ende 2020 sieht die Bank den Kupferpreis bei 5.600 USD je Tonne.


Aluminium: Produktionsausweitung, aber verhaltene Nachfrage


Aluminium leidet unter dem Handelsstreit und unter der Schwäche im verarbeitenden Gewerbe. Dieser Effekt wird laut Commerzbank auch im nächsten Jahr noch zu spüren sein. Nachfrageprognosen wurden dieses Jahr bereits dreimal nach unten revidiert. Die Schätzungen reichen mittlerweile bis zu einem Minus von 0,6%. Für 2020 zeigen sich die Produzenten bislang nur wenig optimistischer. Auch die Aussichten für die Automobilindustrie sind verhalten. Zudem hängen noch die Androhungen von US-Präsident Trump bezüglich Einführung von US-Importzöllen auf Autos und Autoteile noch im Raum.

Die Produktion in China könnte steigen. Der Verband der chinesischen Buntmetallindustrie erwartet einen spürbaren Anstieg der Produktion um etwa 3,5%. Verbandsangaben zufolge wird dies 2020 zu einem Überschuss am chinesischen Aluminiummarkt führen. Das heißt, China wird versuchen, weiterhin große Mengen Aluminium zu exportieren, insbesondere halbfertige Aluminiumprodukte, so dass auch der Weltmarkt wieder bzw. weiter gut versorgt sein sollte.  Ausgehend von den verhaltenen Nachfrageaussichten und wegen der möglicherweise starken Produktionsausweitung in China erwartet die Commerzbank im nächsten Jahr keine spürbar steigenden Aluminiumpreise, sondern geht eher von einer Seitwärtsbewegung aus. Ende 2020 sollte der Aluminiumpreis bei 1.750 USD je Tonne notieren.


Nickel: Markt bleibt im Angebotsdefizit


Der Nickelpreis hat nach Aussage von Commerzbank in diesem Jahr alle anderen Metallpreise klar in den Schatten gestellt. In den letzten Monaten hat Nickel jedoch einige Gewinne wieder abgegeben, da sich die Angebots-Nachfrage-Situation entspannt hat. Laut Einschätzung der International Nickel Study Group (INSG) wird das Angebotsdefizit am globalen Nickelmarkt im nächsten Jahr weiter auf 46 Tsd. Tonnen zurückgehen. Andere Marktbeobachter wie zum Beispiel einer der weltweit größten Nickelproduzenten erwarten wegen einer stärkeren Angebotsausweitung sogar ein noch geringeres Defizit. Dem globalen Nickelmarkt dürften wegen des vorgezogenen Exportverbots von unbehandelten Erzen in Indonesien – dieses tritt Anfang Januar in Kraft – zwar mehrere hunderttausend Tonnen Nickel fehlen. Diese Unterversorgung soll aber fast vollständig durch eine deutlich höhere Nickelroheisenproduktion (NPI) in Indonesien und vermehrten philippinischen Nickelerzexporten ausgeglichen werden.

Das staatliche chinesische Research-Institut Antaike erwartet bei Nickel einen Rückgang auf rund 500 Tsd. Tonnen, während die indonesische NPI-Produktion sogar auf 550 Tsd. Tonnen steigen soll. Vor fünf Jahren hat Indonesien noch so gut wie kein NPI produziert. Nach Lesart der INSG soll die Nachfragedynamik 2020 das fünfte Jahr in Folge nachlassen und noch ein Plus von 3% zu Buche stehen.

 Die Nickelnachfrage wird im Wesentlichen weiter von der Edelstahlindustrie bestimmt. Und dort soll die Produktion laut Ansicht von MEPS im nächsten Jahr wieder stärker um 4% auf ein abermaliges Rekordhoch zulegen. Treiber dieser Entwicklung sei hier China, für das ein Plus von 4-5% erwartet wird. Während die Edelstahlindustrie bei Nickel jetzt noch den Ton angibt, wird in den kommenden Jahren nach Meinung der Commerzbank die Batterieindustrie hier das Ruder übernehmen. Die Commerzbank geht für Ende 2020 von einem Nickelpreis von 15.000 USD je Tonne aus.


Zink: Spürbare Ausweitung des Angebots


Nach vier Defizitjahren in Folge soll der globale Zinkmarkt laut Einschätzung der International Lead and Zinc Study Group (ILZSG) 2020 wieder in einen Angebotsüberschuss drehen. Und mit 192 Tsd. Tonnen soll dieser sogar relativ hoch ausfallen. Der Überschuss soll durch eine spürbar höhere Raffinadeproduktion zustande kommen, die um 3,7% steigen soll. Ausschlaggebend dabei ist einmal mehr China, wo die Produktion schon in diesem Jahr stark ausgeweitet und somit Rückgänge in anderen Ländern aufgefangen wurden. Daneben kommt Indien eine tragende Rolle zu.

Die Commerzbank sieht einen deutlich entspannten Zinkmarkt. Für Ende 2020 erwartet sie einen Zinkpreis von 2.200 USD je Tonne.


Blei: Angebotsprobleme gelöst


Am globalen Bleimarkt soll es nächstes Jahr laut Einschätzung der ILZSG einen Angebotsüberschuss geben. Dieser war ursprünglich schon für 2019 erwartet, wurde aber wegen Angebotsausfällen nach hinten verschoben. Mit 55 Tsd. Tonnen soll der Überschuss 2020 der höchste seit acht Jahren sein. Die erwartete Ausweitung der Raffinadeproduktion um 1,7% soll von einer ganzen Reihe von Ländern getragen werden, so zum Beispiel Indien. Dort wurde eine Zinkschmelze dahingehend modifiziert, dass sie auch Blei produzieren kann. Auch in Australien soll nächstes Jahr wieder mehr Blei hergestellt werden

Die Commerzbank sieht eher Risiken für die Nachfrageprognose der ILZSG, da die Automobilindustrie angesichts der Handelsbarrieren und Konjunkturrisiken tendenziell schwach bleiben sollte. Sie ist jedoch der wichtigste Verwendungssektor von Blei.

Zinn: Gedrosselte Produktion


Die Entwicklung des Zinnpreises im nächsten Jahr wird laut Commerzbank davon abhängen, wie konsequent und lange die angekündigten Produktionskürzungen und Exportbeschränkungen in China und Indonesien umgesetzt werden. Beide Länder stellen zusammen rund 70% der weltweiten Zinnraffinadeproduktion, Indonesien ist zudem der mit Abstand weltweit größte Zinnexporteur. Anfang September hatten in Reaktion auf die niedrigen Preise 14 chinesische Schmelzen angekündigt, ihre Produktion in diesem Jahr um 20,2 Tsd. Tonnen zu drosseln. Dies entspricht gut 11% der letztjährigen chinesischen Zinnproduktion. Die Schmelzen hatten sich zudem darauf verständigt, den Bau neuer Kapazitäten zu begrenzen und veraltete Produktionsanlagen zu schließen. Der Zinnpreis hat sich seitdem jedoch nicht erholt.

Sollten die angekündigten Angebotskürzungen im nächsten Jahr nicht beibehalten werden, droht dem globalen Zinnmarkt ein Überschuss. Dieser wird dann wohl höheren Zinnpreisen entgegenstehen.

Eisenerz: Seewärtiger Markt auf dem Weg zurück ins Gleichgewicht


Angefacht durch Ausfälle in den beiden größten Produzentenländern Australien und Brasilien war der Eisenerzpreis in diesem Jahr über Monate hinweg nach oben geschossen. Als sich die Lage zu entspannen begann, gab es eine heftige Preiskorrektur. Seitdem bewegt sich der Eisenerzpreis weitgehend seitwärts. Die Commerzbank geht davon aus, dass die Korrektur im nächsten Jahr wieder aufgenommen wird und der Preis entsprechend fällt.

Einschätzungen des australischen Ministeriums für Industrie, Innovation und Wissenschaft zufolge sind die sturmbedingten Ausfälle in Australien vom Frühjahr überwunden. Nach dem Rückgang in diesem Jahr dürfte Australien daher seine Exporte im nächsten Jahr wieder steigern – und zwar um gut 4% auf 862 Mio. Tonnen. Auch in den darauffolgenden Jahren wird wohl viel Eisenerz ausgeführt werden, da unter anderem drei neue große Minen in Betrieb genommen werden. Auch Brasilien wird im nächsten Jahr wohl wieder mehr Eisenerz exportieren.

Für die EU sieht der Verband der europäischen Stahlproduzenten eine Besserung der Lage allerdings erst gegen Mitte nächsten Jahres. Aktuell sticht die Bauindustrie noch positiv hervor, der Maschinenbau soll sich zumindest stabil entwickeln. Dagegen ist für die Autoindustrie ohne Anreize für Autokäufe zum Beispiel in China keine Erholung zu erwarten.

Die Commerzbank geht davon aus, dass China in diesem Jahr rund 1 Mrd. Tonnen Stahl produziert hat, so viel wie nie zuvor. Selbst wenn die Produktion im nächsten Jahr etwas zurückgehen sollte, sollte dies dennoch eine hohe Nachfrage nach Eisenerz generieren. Die chinesischen Eisenerzimporte, die ihren Zenit 2017 erreicht hatten, dürften aber moderat weiter sinken, auch weil dort aus Umweltgründen in der Stahlproduktion zukünftig wohl stärker auf Stahlschrott zurückgegriffen wird.

Commerzbank Research sieht den seewärtigen Eisenerzmarkt auf dem Weg zurück ins Gleichgewicht, möglicherweise werde er in absehbarer Zeit sogar wieder überversorgt sein. Für das kommende Jahr erwartet die Commerzbank fallende Eisenerznotierungen und sieht den Preis am Jahresende bei 78 USD je Tonne.

QuelleCommerzbank AG / Commerzbank Commodity Research  / Vorschaubild: fotolia

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