Wird grauer Stahl durch CO2-Bepreisung teurer, wird grüner Stahl billiger?

von Dagmar Dieterle

Die Salzgitter AG ist einer der führenden Stahl- und Technologiekonzerne Europas und einer der effizientesten Stahlproduzenten der Welt.

Dennoch produziert das Hüttenwerk in Salzgitter jährlich rund acht Millionen Tonnen CO2. Diese Emissionen sind mit den noch vorhandenen Anlagen prozessbedingt unvermeidbar. Gemeinsam mit Partnern werden innovative Ansätze realisiert, um den CO2-Ausstoß zu reduzieren.

Das Programm SALCOS® - Salzgitter Low CO2 Steelmaking beschreibt den Weg, wie durch den Einsatz von Wasserstoff der CO2-Ausstoß deutlich reduziert werden kann. Wichtige Schritte sind mit dem Bau von Windkraftanlagen und Elektrolyseuren bereits getan. Zentrale neue Anlagen für SALCOS® Stufe eins sind vergeben und deren Bau wird vorbereitet.

Wir sprachen mit Martin Zappe, Programm Direktor SALCOS®, Salzgitter AG.

 

marketSTEEL: Sie sind einer der wenigen Stahlhersteller, die bereits CO2-reduzierten Stahl liefern. Bemerken Sie bereits eine verstärkte Nachfrage nach grünen Produkten auf Kundenseite und wenn ja, aus welchen Branchen?

Der Markt für grünen Stahl etabliert sich zunehmend. Wir haben die Produktionskapazitäten, die wir für 2026 über die neue Route planen, schon weitestgehend an unsere Partnering-Kunden vergeben. Wir sehen eine starke Nachfrage nach Blechen, zum Beispiel von Automobil- und Hausgeräteherstellern.

Um grünen Stahl zu produzieren, brauchen wir grünen Strom. Auch hier sind wir stark unterwegs und haben bereits mehrere sogenannte PPAs (Power Purchase Agreements) abgeschlossen, die uns Strom aus erneuerbaren Energien sichern.
Und Sie haben nach den Industrien gefragt. Auf der Nachfrageseite gibt es nicht nur eine bestimmte Branche, sondern es gibt aus allen Branchen verschiedene Unternehmen, die vorausdenken. Dazu gehören Flachstahlprodukte , die genauso nachgefragt werden wie Grobbleche und Träger.

Was wir in Deutschland noch stärker benötigen, ist ein wachsendes Verständnis für das Thema und entsprechende Rahmenbedingungen. Wenn beispielsweise in Dänemark oder den Niederlanden Ausschreibungen nur unter Berücksichtigung des CO2-Ausstoßes bei der Produktion vergeben werden und das bei uns noch nicht der Fall ist, haben transformationswillige Unternehmen hierzulande einen Nachteil. Aber wir sind dran, die Politik ist dran, also sind wir auf einem guten Weg. Weitere Rahmenbedingen, bei denen wir besser werden müssen, sind die Genehmigungsprozesse von Bauvorhaben. Um die Industrie zu transformieren, müssen beispielsweise Energieinfrastruktur und Wasserstoffnetze aus- und aufgebaut werden. Das sind komplexe Großprojekte, mit denen wir umgehend vorankommen müssen.

 

marketSTEEL: Welche Vision haben Sie bei Salzgitter in Bezug auf grünen Stahl?

Ich persönlich bin mit dem Transformationsgedanken zur Salzgitter AG gekommen und bin überzeugt, dass die Transformation der richtige Weg für die Industrie ist. Und ich bin ebenfalls überzeugt, dass wir in Salzgitter die richtigen Mitarbeitenden haben, die Verantwortung übernehmen, um mit der Transformation die Zukunft mitzugestalten. Wir brauchen auch zukünftig viele junge Menschen, die bereit sind, diese Vision mitzutragen und die Transformation voranzutreiben.

 

marketSTEEL: Bezahlt das auch der Kunde? Akzeptiert z.B. der Stahlhändler höhere Preise für das grüne Produkt?

Aufgrund der relativ höheren Energiekosten für Wasserstoff und Strom aus erneuerbaren Energien im Vergleich zu den derzeitig eingesetzten Kohlenstoffträgern wäre grüner Stahl heute teurer als konventionell hergestellter. Aufgrund der steigenden CO2-Abgaben wird sich das aber ändern. Deshalb stellt sich die die Frage nur für die Dauer der Transformationsperiode. Werden die Kunden in dieser Zeit für grünen Stahl mehr bezahlen? Ja, davon bin ich überzeugt, weil die verfügbare Menge begrenzt ist und die Nachfrage steigt. Deshalb ist es richtig, diese Pionierarbeit bei der Transformation der Stahlindustrie zu leisten.

marketSTEEL: Sehen Sie weiteren Handlungsbedarf, um das besser zu kommunizieren?

Wir sind beispielweise an Universitäten aktiv, um Leute zu gewinnen, die die Transformation vorantreiben wollen. Unterstützung bei der Aufklärung ist immer sinnvoll. Das Thema Industrie und nachhaltige und damit klimaschonende Produktion interessiert viele Menschen. Wir stoßen auf großes Interesse. Auch in diesem Bereich werden wir als Salzgitter AG unserem Anspruch Pionierarbeit zu leisten, gerecht.

 

marketSTEEL: Herr Zappe, wir danken Ihnen für das Gespräch.

 

Fotos: marketSTEEL

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