Steel and Aluminum 2025: Quo vadis?

In ihrer diesjährigen Analyse Steel and Aluminium – quo vadis? geht die Beratungsgesellschaft Strategy&, die Teil des PwC-Netzwerks ist, für 2025 von einem weltweiten Stahlbedarf von rund 2,017 Milliarden Tonnen aus. Das sind 9 Prozent weniger als in der Vorjahresprognose (2,23 Milliarden Tonnen) und entspricht einem durchschnittlichen globalen Wachstum von 2,2 Prozent pro Jahr zwischen 2015 und 2025. Demgegenüber zeigt die weltweite Nachfrage nach Aluminium einen steileren Wachstumsverlauf: Bis zum Jahr 2025 wird sich der Aluminiumbedarf auf 87 Mio. Tonnen gegenüber dem heutigen Bedarf verdoppeln. Dies entspricht im Schnitt einem jährlichen Wachstum von 4,1 Prozent.

 

Aluminium und Stahl sind sich auf den ersten Blick sehr ähnlich. Beide Werkstoffe sind Legierungen, beide werden in komplexen, chemischen Verfahren aus Rohstoffen oder durch Recycling hergestellt, sowie über Warm- und ggf. Kaltumformung als Halbzeug produziert. Darüber hinaus verkaufen sie ihre Produkte an dieselben Zielbranchen: Automobilindustrie, die Luftfahrt, den Bausektor sowie den Maschinen- und Anlagenbau.

 

Hinsichtlich der wirtschaftlichen Entwicklung werden aber auch die Unterschiede zwischen den beiden Industrien deutlich. Kaum eine Branche hat in der jüngsten Vergangenheit eine so starke Erosion ihrer Margen hinnehmen müssen wie die Stahlindustrie. Die EBITDA Marge hat in zwischen 2005 und 2015 mehr als die Hälfte ihres Volumens verloren. In demselben Zeitraum hat sich der Verschuldungsgrad der Stahlbranche nahezu verdoppelt, während sich der Aluminiumsektor stabil entwickelte. Das gerade für Investoren bedeutende Net Debt / EBITDA-Verhältnis hat in der Stahlindustrie innerhalb der letzten zehn Jahre um rund ein Drittel p.a. zugelegt, bei den Aluminiumunternehmen waren es lediglich sieben Prozent p.a. Viele Unternehmen stehen entsprechend unter enormen Kostenzwängen und suchen Möglichkeiten zur Restrukturierung.

 

Vier Megatrends – Energiewende, Digitalisierung, Urbanisierung, Globalisierung – üben zudem bereits heute starken Veränderungsdruck auf die Branchen aus; er wird sich in den kommenden Jahren noch intensivieren. Für Aluminium- und Stahlproduzenten stellen diese Herausforderungen zugleich Impulse zur Erneuerung und Veränderung dar.

 

  1. Die Energiewende bzw. die globale Anstrengung zur CO2 Reduzierung veranlasst viele Unternehmen dazu, selbst energieeffizienter zu produzieren und zugleich entsprechende Technologien für Kunden zu entwickeln.
  2. Die digitale Transformation bzw. Industrie 4.0 mit der horizontalen Integration von Kunden entlang der gesamten Wertschöpfungskette bieten allen die Chance, zu einem effizienteren, flexibleren und günstigeren end-to-end Materialfluss gelangen. In diesem Kontext sind Stahl- und Aluminiumunternehmen gefordert, digitale Fähigkeiten zur Nutzung von Industrie 4.0-Lösungen, 3-D-Druck, Künstlicher Intelligenz, Smart Manufacturing und automatisierter Wertschöpfung zu entwickeln, wenn sie ihre operativen Kosten nachhaltig senken möchten.
  3. Die weltweite demografische Entwicklung und die Entstehung sog. Mega-Cities stellt alle Aspekte urbanen Lebens vom öffentlichen Nahverkehr bis hin zur Abfallentsorgung vor große Herausforderungen. Im Bereich Transport steht ein Paradigmenwechsel von Autos im individuellen Besitz zur Share Economy bevor. Die Stahl- und Aluminiumindustrie müssen sich auf diesen Wandel einstellen.
  4. Eine Folge der Globalisierung ist der Aufstieg von Unternehmen aus Schwellenländern, die aufgrund billiger Produktionsverfahren, geringer Personalkosten und staatlicher Förderung mit günstigen Erzeugnissen entwickelte Märkte erobern. Die westlichen Aluminium- und Stahlfirmen können einen Preiskampf nicht gewinnen. Ihr strategischer Vorteil liegt momentan noch in der Qualitätsführerschaft. Um diesen Vorsprung halten bzw. ausbauen zu können, müssen sie auch in Wachstumsmärkten mit ihren ausgereiften Technologien und Produkte bestehen.

Unseren Berechnungen zufolge müssen die Unternehmen als angemessene Reaktion auf die skizzierten Herausforderungen bis zum Jahr 2025 rund 7,5% (Stahl) bzw. 11% (Aluminium) ihrer Umsätze wieder investieren. Die Investitionen sollten dabei primär auf FuE, neue Infrastruktur, Personalrekrutierung, Aus- und Weiterbildung etc. zielen und in eine dynamische Strategie eingebettet sein. Letztere sollte aus den folgenden vier Elementen bestehen:

  1. Den Kern stärken – dies beinhaltet die grundsätzliche Aufgabe, Effizienz zu steigern und Kosten zu optimieren, führt mittelfristig über Investitionen in Technologie und Qualitätskontrollen zu einer langfristigen Verbesserung des Unternehmens und seines gesamten Netzwerks.
  2. Die Fähigkeiten ausbauen – dieser Schritt ist maßgeblich für Unternehmen, die in angeschlossene Downstream-Märkte expandieren und weitere technologische Fähigkeiten aufbauen möchten.
  3. Neue Regionen erschließen – die Ausweitung des Produktionsfußabdrucks ist ein bedeutender Schritt zu Sicherung langfristiger Profitabilität.
  4. Geschäftsmodelle neu denken – dies erfordert kreatives Denken, manchmal gegen den Strich. Grundsätzlich ist die Frage, wie man neue Prozesse, Produkte und Services erzeugt und neue Zielmärkte erschließt. Digitale Geschäftsmodelle können hier wegweisend sein.

Entlang dieser Wegmarken muss jedes Unternehmen - individuell auf Basis seiner Ausgangsposition und seiner Ziele– seinen eigenen Weg bestimmen.

 

Ingo Schill ist Principal bei PricewaterhouseCoopers. Foto: PwC

Redaktioneller Hinweis: Der Gastkommentar spiegelt die Meinung des Autors wider, nicht notwendigerweise die der Redaktion von marketSTEEL.

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