Rechtlicher Ausblick auf 2018

Andreas Hecker, LL.M. oec., Rechtsanwalt/Partner bei Hoffmann Liebs Fritsch & Partner Rechtsanwälte mbB. Herr Hecker berät Unternehmen und Unternehmensgruppen bei gesellschafts- und kapitalmarktrechtlichen Fragen. Er veröffentlicht regelmäßig zu gesellschaftsrechtlichen Themen sowie zur Corporate Governance in ausgewählten Fachzeitschriften und Branchenmagazinen und wirkt an Gründerwettbewerben für Startups mit.

 

marketSTEEL: Herr Hecker, könnten Sie uns einen Ausblich auf 2018 geben? Was tut sich im Gesellschaftsrecht?

Andreas Hecker: Um es direkt vorauszuschicken, 2018 wird nicht das Jahr großer Reformen im Gesellschaftsrecht. Vorstände, Aufsichtsratsmitglieder und Geschäftsführer sowie Vorstandsbüros, Rechts-, und Investor Relations-Abteilungen müssen sich nach aktuellem Stand auf keine großen Veränderungen in diesem Rechtsgebiet einstellen, die nicht bereits aus vergangenen Gesetzgebungsverfahren resultieren.  Nach der Zustimmung der SPD zur Aufnahme von Koalitionsgesprächen gibt es allerdings u.a. im Sondierungspapier vom 12. Januar 2018 zwei Punkte, die aus gesellschaftsrechtlicher Sicht aufhorchen lassen. Unter dem Stichwort Modernisierung des Rechts werden ausdrücklich das Personengesellschaftsrecht und die Europa-GmbH im Zusammenhang mit den Folgen der Digitalisierung als Arbeitsbereiche genannt. Darüber hinaus wollen sich die Sondierungspartner mit der Einhaltung der Berichtspflichten zu den Zielgrößenvorgaben für Frauen im Vorstand und Aufsichtsrat (§§ 96, 111 AktG) auseinandersetzen. Weitere Gesetzgebungsmaßnahmen werden sich aus Änderungen des EU-Rechts ergeben.

 

marketSTEEL: Wo gibt es denn noch Handlungsbedarf aufgrund zurückliegender Gesetzgebung?

Andreas Hecker: In den vergangenen zwei Jahren standen im Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht insbesondere  die Marktmissbrauchsverordnung, das CSR-Richtlinie-Umsetzungsgesetz und die  Vorschriften zum Transparenzregister im Fokus. Die Regelungen zur CSR-Berichterstattung sind im Zuge der diesjährigen Hauptversammlungssaison erstmals zu beachten, d.h. die Vorstände und Aufsichtsräte der berichtspflichtigen Unternehmen müssen sich seit diesem Jahr mit der Erstellung bzw. Prüfung von CSR-Berichten nach den gesetzlichen Vorgaben beschäftigen. Auch im Hinblick auf das Transparenzregister gibt es bei dem ein oder anderen Unternehmen noch Aufgaben zu erledigen. Nicht alle haben es geschafft, bereits im letzten Quartal 2017 die Berichtspflicht umfassend zu erfüllen.

 

marketSTEEL: Wo sehen Sie konkrete Änderungen 2018 im Aktienrecht?

Andreas Hecker: Der Gesetzgeber wird sich in jedem Fall  mit der Umsetzung der Aktionärsrechte-Richtlinie II befassen. Die Frist zur Umsetzung ins deutsche Recht läuft bis Juni 2019. Allerdings wird der Gesetzgeber bereits in diesem Jahr mit der Ausarbeitung und Diskussion des Umsetzungsentwurfs beginnen. Hierbei wird er die Vorlage der technischen Ausführungsbestimmungen zur Richtlinie durch die EU im September 2018 bei seinem eigenen Zeitplan berücksichtigen. Das Aktiengesetz wird mit der Umsetzung der Richtlinie deutliche Änderungen erfahren, u.a. in Bezug auf eine gesteigerte Transparenzpflicht für institutionelle Anleger und Stimmrechtsberater, eine erweiterte Identifikation der Aktionäre und Änderungen in Bezug auf Zustimmungs- und Transparenzpflichten bei wesentlichen Geschäften mit nahestehenden Unternehmen und Personen.

 

Ein weiteres aktienrechtliches Thema wird im Sondierungspapier vom 12. Januar 2018 genannt. Hiernach könnte eine große Koalition ihren Blick auf die Anwendung des „Gesetzes für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern an Führungspositionen in der Privatwirtschaft und im öffentlichen Dienst“ lenken. So soll nicht nur bei der regelmäßigen Berichterstattung der Bundesregierung ein besonderes Augenmerk hierauf gelegt werden, sondern es wird klargestellt, dass die Nichteinhaltung der Meldepflicht und/oder der Begründungspflicht bei einer Zielvorgabe „Null“ entsprechend der Bestimmungen des § 335 HGB sanktioniert werden soll. Ob gegebenenfalls auch eine Änderung des Gesetzes im Raume steht, lässt sich dem Sondierungspapier noch nicht entnehmen.  

 

Abseits der Arbeit des Gesetzgebers kündigten die Regierungskommission Deutscher Corporate Governance Kodex und die BaFin bereits für 2018 eine intensive Tätigkeit zur grundlegenden Aktualisierung des DCGK und des Emittentenleitfadens an.

 

marketSTEEL: Die GmbH ist eine häufige Gesellschaftsform. Gibt es hier etwas Neues zu beachten?

Andreas Hecker: Die letzte Änderung des GmbH-Gesetzes fand im Sommer 2017 statt. Zusammen mit der Umsetzung der 4. Geldwäsche-Richtlinie im neuen Geldwäschegesetz wurde im Juni 2017 auch § 40 GmbH-Gesetz überarbeitet. Zum einen wurden in Absatz 1 die inhaltlichen Anforderungen an die Gesellschafterliste nachgeschärft. So gibt es nunmehr auch klare Vorgaben für die Angaben von Unternehmen, die an einer GmbH beteiligt sind. Zum anderen wurde die Vorschrift um zwei Absätze ergänzt. Hiernach können weitere inhaltliche Konkretisierungen zur Gesellschafterliste durch Rechtsverordnungen vorgenommen werden. Im September 2017 ist der Referentenentwurf einer solchen Verordnung an interessierte Kreise zur Diskussion versandt worden. Die Stellungnahmefrist endete zum 30. Oktober 2017, sodass für 2018 mit einer finale Fassung der Verordnung zu rechnen ist. Dass es für eine solche Rechtsverordnung tatsächlich einen Bedarf gibt, zeigt eine aktuelle Entscheidung des OLG Nürnberg, die sich bereits mit Fragen zu § 40 GmbH-Gesetz in der Fassung von Juni 2017 auseinandersetzen musste.

Die EU-Kommission hatte darüber hinaus für 2017 die Vorlage eines Legislativaktes zum Unternehmensrecht in Aussicht gestellt, welcher u.a. Regelungen zur Digitalisierung und Online-Gründung sowie zu grenzüberschreitenden Umwandlungsmaßnahmen enthalten soll. Dies könnte Auswirkungen auf das GmbH-Recht und das Umwandlungsrecht haben. Bis zum Jahreswechsel ist kein solcher Vorschlag vorgelegt worden. Allerdings ist der Entwurf für die kommenden Wochen zu erwarten. Auch das Sondierungspapier deutet an, dass sich eine große Koalition mit der GmbH (bzw. genauer mit der Europa-GmbH) befassen will, die in der Vergangenheit insbesondere am deutschen Votum gescheitert ist.

 

marketSTEEL: Gibt es abseits von AG und GmbH Themen, die zu berücksichtigen sind?

Andreas Hecker: Nach dem Urteil des EuGH vom 18. Juli 2017 (Az. C-566/15), mit welchem das System der unternehmerischen Mitbestimmung in Deutschland als europarechtskonform angesehen wurde, ist hier kein politischer Veränderungswille (mehr) erkennbar. Die Diskussionen darum werden sich allerdings fortsetzen.

Durch eine BGH Entscheidung vom 16. Mai 2017 (II ZB 7/16) sind auch Reformbestrebungen für das Vereinsrecht vorläufig versiegt. Der BGH hatte entschieden, die Gemeinnützigkeit sei das Kriterium, welches dem Idealverein eine wirtschaftliche Betätigung erlaube.

Für das Personengesellschaftsrecht findet sich allerdings eine Anmerkung im Sondierungspapier vom 12. Januar 2018. Dabei wird das Personengesellschaftsrecht in den unmittelbaren Zusammenhang mit gesetzgeberischen Maßnahmen zur Digitalisierung gestellt. Dies könnte für eine Einführung der bereits oben genannten Online-Gründung auch für Personengesellschaften sprechen.

 

marketSTEEL: vielen Dank für diese Einschätzung.

 

Informationen zum Autor:

mehr Information

 

Zurück