Protektionistische Maßnahmen stützen die europäischen Stahlpreise

von Angelika Albrecht

Die Preiserhöhungen für Flachprodukte in Europa sind zu Beginn dieses Monats ins Stocken geraten. Der europäische Durchschnitt der Coil-Transaktionswerte von MEPS verzeichnete im Juli nur einen einstelligen Anstieg in Euro. Die Ausweitung der Schutzmaßnahmen der EU und des Vereinigten Königreichs verringert die Attraktivität von Importangeboten.

Die Kaufaktivität hat sich verlangsamt, da die Sommerferien näher rücken. Distributoren und Servicezentren halten angemessene Lagerbestände und können Kaufentscheidungen verzögern. Die Eröffnung der neuen Quotenperioden am 1. Juli führte zu einem Zustrom von Material, das in europäischen Häfen abgefertigt wurde. Die indischen Einfuhren von warmgewalzten Coils in die EU waren ungefähr doppelt so hoch wie die Quotengrenze.

Innerhalb Europas besteht weiterhin ein Mangel an Flachprodukten. In mehreren großen europäischen Werken wird die Produktion aufgrund von Anlagenmodernisierungen oder finanzieller Unsicherheit unterbrochen.

Die Automobilindustrie, die sich aufgrund des Mangels an Halbleitern verlangsamte, erholt sich nun. Für die zweite Jahreshälfte wird eine starke Nachfrage aus diesem Sektor prognostiziert. Nicht-Automobilnoten sind etwas einfacher zu bekommen als in den letzten Monaten.

Die Mühlen werden ihre geplanten Wartungsprogramme im Juli und August fortsetzen. Die Entscheidung, in Zeiten der Stahlknappheit Stilllegungen vorzunehmen, wurde in Frage gestellt. Diese Arbeiten sind jedoch für den weiteren und sicheren Betrieb der Anlagen unabdingbar. Außerdem werden Verträge weit im Voraus vergeben und müssten bezahlt werden, selbst wenn Wartungsprogramme verschoben würden.

Diese Schließungen werden die Lieferzeiten von Stahlwerken weiter verlängern. Die rollierenden Flugpläne für das dritte und vierte Quartal sollen fast ausgebucht sein. Mehrere Stahlhersteller bieten bereits Produktionstermine für Anfang 2022 an, wobei die Endpreise noch zu vereinbaren sind.

Importpreise und Lieferzeiten sind im Vergleich zu denen von inländischen Herstellern günstig. Angebote sind auf dem Markt aus mehreren Ländern, wie Vietnam, Südkorea und Indien. Das Risiko einer 25-prozentigen Sicherungsabgabe oder einer dreimonatigen Verwahrung im Hafen schränkt das Kundeninteresse jedoch ein. Potenzielle Exportsteuern in China und drohende in Russland hindern Verkäufer daran, ihre Verkaufsstrategie zu formulieren.

Der Verkehr erweist sich europaweit als großes Problem. Die Kapazität auf Schienen- und Wasserwegen ist eingeschränkt. Die Nachfrage nach Warentransporten aus Osteuropa und Italien ist hoch.

Wie in der EU ist auch in Großbritannien ein Mangel an Lkw-Fahrern zu beobachten. Der Rückgang des Verkehrs über den Ärmelkanal nach dem Brexit wurde durch die Auswirkungen des Coronavirus noch verstärkt. Aufgrund von Quarantänemaßnahmen zögern Autofahrer, den Ärmelkanal zu überqueren. Folglich kommen Anhänger oft ohne Begleitung an. Importe verbleiben in den Häfen mit begrenzten Möglichkeiten, sie zu bewegen.

MEPS meint, in Anbetracht all dieser Faktoren sei es für eine Preiskorrektur nach unten noch zu früh.

Über MEPS

MEPS International Ltd. ist ein führendes Stahlmarktanalyseunternehmen, das sich auf unabhängig untersuchte globale Stahlpreise, -indizes und -prognosen spezialisiert hat. Das Unternehmen wurde 1979 von Peter Fish gegründet und begann als Beratungsunternehmen mit dem Namen Management, Engineering and Production Services in Sheffield - daher auch der Name MEPS. In den späten 1980er Jahren wurde das Unternehmen in MEPS Europe Ltd. umbenannt, im Juli 2001 wurde daraus MEPS International Ltd., um die weltweite Abdeckung seiner Stahlpreisforschung widerzuspiegeln.

Quelle: MEPS International Ltd.   / Vorschaubild: fotolia

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