Produkt- und Prozessinovationen sind entscheidend

von Alexander Kirschbaum

Am gestrigen Dienstag, den 20. September, fand in Düsseldorf der traditionelle WSM-Stahltag statt. Im Blickpunkt der Vorträge standen die Themen Globalisierung und Digitalisierung. Dabei war die Mischung der Experten gut gewählt: Nachdem Dr. Martin Theuringer von der Wirtschaftsvereinigung Stahl den Anwesenden zunächst einen konjunkturellen Überblick verschaffte, berichtete Dr. Henrik Adam, Chief Commercial Officer Tata Steel Europe, über die Stahlproduktion für nationale und internationale Kunden. Aus Sicht eines Stahlhändlers beschrieb Jens Rojahn, Geschäftsführer Salzgitter Mannesmann Stahlhandel, wie die Digitalisierung im Stahleinkauf bewältigt werden kann. Den globalen Stahleinkauf für ein multinationales Unternehmen erläuterte Michael Schmitt von Schaeffler Technologies, während Uwe Hadwich von Kirchhoff Automotive den Stahleinkauf eines international aufgestellten Mittelständlers erklärte.

Globale Stahlindustrie befindet sich im Krisenmodus

Die anwesenden Referenten waren sich einig, dass Stahl auf absehbare Zeit der wichtigste industrielle Werkstoff bleibt. Nichtsdestotrotz befindet sich die globale Stahlindustrie im Krisenmodus und wird es vorläufig auch bleiben. Dem immensen Kapazitätsaufbau in China konnte die Nachfrage in den letzten Jahren nicht folgen. "Wir müssen uns damit abfinden, dass das Angebot auf lange Zeit größer bleiben wird als die Nachfrage", fasste Dr. Matthias Gierse, Geschäftsführer der C.D. Wälzholz KG und Moderator der Veranstaltung, zusammen. Auch der von China angekündigte Kapazitätsabbau wird an der Situation nicht substanziell etwas ändern. Das massive Überangebot wird die Branche auch weiterhin verfolgen, wie aus dem Vortrag von Herr Dr. Theuringer hervorging.

Der Anstieg der Marktpreise ist nicht durch fundamentale Daten hinterlegt, sondern durch politische Maßnahmen weltweit getrieben. Im wesentlichen im Bereich der Trade Defence Instruments (TDI). "Diese protektionistischen Maßnahmen behindern aktuell die Globalisierung ganz massiv und führen letzlich zum Preisanstieg", so Gierse. Wechselkurse und Transportkosten stellen hingegen aktuell keine wesentlichen Hinderungsgründe für Globalisierung dar. "Das muss europäischen Stahlherstellern zu denken geben, die glauben sich mit Antidumpingmaßnahmen gegen internationale Handelströme sichern zu können", resümierte Gierse im Schlusswort.

Qualität ist Differenzierungsmerkmal

Nur durch Produkt- und Prozessinnovationen kann die deutsche und europäische Stahlindustrie im globalen Umfeld Wettbewerbsfähig bleiben, wie in den Vorträgen deutlich wurde. Das bedeutet die Einbeziehung vor- und nachgelagerter Stufen der Supply Chain. Und zwar nicht mit Modellen, die B2C gesteuert sind, sondern die wirklich B2B sind. "Es muss eine systematische Verknüpfung zwischen den Unternehmen bestehen, die sicherstellt, dass die Informationsflüsse über die gesamte Kette automatisch gesteuert werden. Nur dann ist Digitalisierung eine unverzichtbare Vorraussetzung für Differenzierung im weltweiten Vergleich", fasste Gierse zusammen. Dies könnten asiatische Wettbewerber nur schlecht darstellen.

Prozessinnovationen müssen dabei im Zusammenhang mit der Anbindung von Lieferketten betrachtet werden. Nötig ist eine Systemintegration über die gesamte Supply Chain hinweg. Eine hohe Qualität, geringe Kosten und ein Höchstmaß an Liefertreue bleiben essentiell im Wettbewerb und ändern sich durch die Globalisierung nicht, sondern sind die Voraussetzung für den Erfolg. "Wir liefern am Ende des Tages nur nachhaltig gute Ergebnisse, wenn die Partner in der Supply Chain langfristig offen und transparent miteinander zusammen arbeiten", so Gierse.

Quelle: marketSTEEL, Vorschau-Foto: marketSTEEL Bildtext: Dr. Matthias Gierse, Geschäftsführer der C.D. Wälzholz KG. auf dem WSM-Stahltag 2016 (Foto: marketSTEEL)

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