Logistik 4.0 im Stahlhandel

von Alexander Kirschbaum

Sobald Marco Lang die Halle eines Stahlhändlers betritt, beginnt in seinem Kopf die Analyse der dortigen Logistik-Prozesse. Lagerbestände, Artikel, Krane, Sägen, Bohrer und Lkw scheinen zu dem Berater des Softwarehauses Wanko zu sprechen. "Ich kann meinen Kunden sehr schnell sagen, ob und wie sie ihre Logistikkosten reduzieren können", stellt der 53jährige fest, der vor rund zwei Jahren die Seiten gewechselt hat. Zuvor war Lang 15 Jahre als Logistikleiter im Stahlhandel aktiv und hat in dieser Zeit die Abläufe entlang "seiner" Lieferkette mehrmals gestrafft und beschleunigt. "Die Digitalisierung spielte dabei eine zentrale Rolle", erinnert sich der Praktiker, der damals seinen heutigen Arbeitgeber aus der Kundenperspektive kennen lernte. Die Wanko Informationslogistik GmbH aus Ainring hat sich auf Software für Tourenoptimierung, Lagerverwaltung und Telematik spezialisiert. Die Stahlbranche zählt zu den Schwerpunkten des inhabergeführten Unternehmens.

Software verringert Bedarf an Spediteuren

"Auf dem Weg zu Logistik 4.0 bildet ein Tourenplanungs-System die Basis", sagt Lang. Allein durch die verbesserte Auslastung der eigenen Lkw bei maximaler Lieferfähigkeit mache sich die Lösung schnell bezahlt. "Die Software liefert auf Basis der hinterlegten Kriterien zur Ladekapazität der Lkw und den kundenseitig vorhandenen Abladebedingungen optimierte Tourenvorschläge." Ebenfalls in die Planung einbezogen werden die unterschiedlichen Ladestellen für Bewehrungsstahl und Walzstahl. Die Algorithmen zum Berechnen der wirtschaftlichsten oder schnellsten Strecke bilden dabei das Herzstück der Software, die sich mit zahlreichen Parametern fein justieren lässt.

Aus eigener Erfahrung weiß Lang, dass sich mit einem Tourenplanungs-System nicht nur die Auslastung der eigenen Fahrzeuge optimieren, sondern auch der Einsatz von Spediteuren minimieren lässt. "In früheren Zeiten hatten wir rund 15 Prozent unserer Aufträge an Transporteure vergeben, was uns monatlich sehr hohe Kosten verursachte“, erinnert sich Lang. Nach Einführung der Tourenplanung wurden 90 Prozent der Auftragsmenge mit der eigenen Flotte bewältigt. "Allein dadurch hatte sich damals die Lösung innerhalb des ersten Jahres amortisiert", so Lang.

Erhöhte Transparenz

Neben den Kostenvorteilen führt ein Tourenplanungs-System vor allem zu mehr Transparenz. Die Disponenten können sich zu jeder Zeit einen schnellen Überblick über die aktuellen Touren und Beladezustände der eigenen Lkw verschaffen. Für jeden einzelnen Auftrag lässt sich in Echtzeit erkennen, ob dieser bereits kommissioniert oder sogar schon verladen wurde. Somit kann meist noch am Telefon mit dem Kunden geklärt werden, ob sich ein zusätzlicher Auftrag noch für den nächsten Tag realisieren lässt. Als weiteren Optimierungsschritt sieht Lang die Anbindung der Tourenplanung an das Warenwirtschaftssystem. Damit bekommen auch Vertrieb und Geschäftsleitung einen direkten Zugang zur Logistik, was die Kommunikation wesentlich vereinfacht.

Eine integrierte Telematiklösung ermöglicht innerhalb des Gesamtsystems den digitalen Austausch von Informationen und Auftragsdaten zwischen Lkw und Zentrale. Tourdaten werden per Knopfdruck direkt aus dem Planungssystem zum Fahrer gesendet, der dafür über ein mobiles Endgerät wie zum Beispiel ein Smartphone vefügt. In Verbindung mit einer Ortungsfunktion können Disponenten den tatsächlichen Tourfortschritt verfolgen und Anfragen der Empfänger nach dem voraussichtlichen Liefertermin ohne Rückfragen beim Fahrer beantworten.

Weiteres Einsparpotenzial

Für die Zukunft sieht Lang aber noch weiteres Einsparpotenzial: Ihm schwebt eine Logistiklösung vor, die sämtliche Produktions- und Kommissionier-Schritte wie Sägen, Bohren, Sandstrahlen oder Grundieren in einem einzigen System in die Berechnungen einbezieht. "Der Disponent sieht dann auf einen Blick, zu welchem Zeitpunkt er das Kommissionieren anstoßen muss, damit die Ware pünktlich zum Verladen bereit steht", erklärt Lang. Für diesen Zweck müssten sämtliche Arbeitszeitwerte ermittelt und im System hinterlegt werden. Für eine optimierte Schnitt-Planung würde die Software dann auf die gelagerten Mengen und Sorten mit den entsprechenden Abmessungen zugreifen und auf dieser Basis das Entstehen unverkäuflicher Reststücke minimieren. Zudem wäre sofort ersichtlich, welche Abmessungen man sich künftig sparen könne.

Als weiteren Nebeneffekt erfüllt eine derart integrierte Lösung sogar die DIN EN 1090 für das Inverkehrbringen von tragenden Stahlkonstruktionen. "Schließlich lässt sich im Zuge der Digitalisierung aller Warenbewegungen jedes einzelne Stück Stahl zusammen mit den zugehörigen Werkszeugnissen lückenlos rückverfolgen", so Lang.

Quelle: WANKO  Bildtext: Softwareberater Marco Lang (Foto: WANKO)

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