Kreditversicherer sieht Unsicherheiten in Italien und Türkei

von Alexander Kirschbaum

Atradius sieht die Tschechische Republik, Indien und Vietnam als die aussichtsreichsten Schwellenmärkte für deutsche Exporteure in diesem Jahr. Das geht aus der aktuellen Studie "Promising emerging markets for 2018" des internationalen Kreditversicherers hervor. Die drei Länder sind die größten deutschen Außenhandelspartner unter den neun identifizierten Chancenmärkten. Ihnen allen prognostiziert Atradius für 2018 ein Bruttoinlandsproduktwachstum im mittleren einstelligen Prozentbereich. Gleichzeitig schätzt der Kreditversicherer diese Volkswirtschaften derzeit als relativ robust gegenüber externen Risiken ein. Mit großen Unsicherheiten und Gefahren für Zahlungsausfälle und -verzögerungen rechnen die Atradius-Analysten hingegen in Italien und der Türkei.

"Der Ausblick für die Schwellenländer ist in diesem Jahr zwar etwas optimistischer als im vergangenen, insgesamt bleiben jedoch erhebliche Risiken für ihre Konjunkturen bestehen, etwa durch eine rasche Verschärfung der US-Zinspolitik oder die schnelle Abkühlung der chinesischen Wirtschaft", sagt Dr. Thomas Langen, Senior Regional Director Deutschland, Mittel- und Osteuropa von Atradius. "Vor diesem Hintergrund bieten 2018 diejenigen Länder die vielversprechendsten Exportchancen, deren Wirtschaftswachstum von der Binnennachfrage getragen wird und die externe Unsicherheiten leichter kompensieren können."

Die Gemeinsamkeiten der Chancenmärkte 2018

Die Chancenmärkte der Atradius-Studie weisen mehrere Gemeinsamkeiten auf. So stützt sich ihr BIP-Wachstum zu einem großen Teil auf den Privatkonsum und verstärkten Investitionstätigkeiten vor Ort. Gleichzeitig verfügen sie über ausreichend Finanzreserven und einen flexiblen Wechselkurs, was ihre Anfälligkeit für Volatilitäten auf dem Weltmarkt der Studie zufolge verringert.

Weiterhin profitieren sie laut Atradius von einer zunehmend wirtschaftsfördernden Politik. In Tschechien werden seit der Etablierung einer populistischen Regierung zwar Protektionismus-Forderungen erhoben, jedoch hätten die bislang getroffenen Maßnahmen das Wachstum noch nicht wesentlich beeinträchtigt.

Risikomärkte Türkei und Italien

Für 2018 sehen Atradius-Analysten unter den großen deutschen Exportmärkten derzeit erhöhte Risiken für Zahlungsausfälle und -verzögerungen bei Geschäften mit türkischen Unternehmen und eine zunehmende Unsicherheit in Italien. "In der derzeitigen Hochstimmung darf nicht übersehen werden, dass in einzelnen Sektoren und Ländern weiterhin hohe Risiken für Forderungsausfälle bestehen und Unternehmen gut beraten sind, sich zu dagegen abzusichern", sagt Dr. Thomas Langen.

So habe sich das BIP-Wachstum der Türkei im vergangenen Jahr zwar erholt, jedoch drohe der Aufschwung in diesem Jahr wieder abzukühlen, unter anderem, da Steuererleichterungs- und Kreditfördermaßnahmen auslaufen. Anhaltende geopolitische Konflikte, Rechtsunsicherheiten und der nur langsame Fortschritt von notwendigen strukturellen Reformen lasten laut den Atradius-Analysten auf dem Investitionsklima des Landes.

Eine der größten Schwachstellen der türkischen Wirtschaft ist dem Bericht zufolge der hohe Verschuldungsgrad der Unternehmen. Viele Firmen hätten einen großen Teil ihrer Kredite in Fremdwährung aufgenommen und seien besonders anfällig für Wechselkursvolatilitäten. Aus Sicht von Atradius bestehen momentan in den Branchen Textil, Stahl, Informations- und Kommunikationstechnik (IKT) sowie Bau- und Baumaterialien besonders hohe Risiken für Zahlungsverzögerungen und -ausfälle.

In Italien bleiben die Sorgen um den Bankensektor des Landes hoch. Viele Institute sind laut dem Bericht weiterhin von notleidenden Krediten belastet. Zwar entwickelte sich die Liquiditätslage der Banken zuletzt stabil, die Kreditvergabebereitschaft für Firmen ist jedoch weiterhin sehr verhalten. 

Auch der Wachstumsausblick Italiens ist nach der Auffassung des Kreditversicherers gedämpft, unter anderem durch eine weiterhin gedrückte Investitionsstimmung und verhaltene Exportaktivitäten. Besonders gefährdet für Zahlungsausfälle und -verzögerungen schätzt Atradius die Sektoren Bau, Baumaterialien und Textil ein.

Quelle: Atradius  Vorschau-Foto: Fotolia

Zurück