Brexit sendet Schockwellen durch die Finanzmärkte

von Hans Diederichs

Nach Auszählung aller Wahlbezirke haben sich die Briten zu 51,9 Prozent mit knapper Mehrheit für einen Austritt aus der Europäischen Union entschieden. 48,1 Prozent stimmten für den Verbleib in der EU. Um 8:10 Uhr deutscher Zeit gab der britische Fernsehsender BBC das Abstimmungsergebnis bekannt. Die Wahlbeteiligung war mit 71,8 Prozent die höchste seit einer Parlamentswahl im Jahre 1992. Das Brexit-Lager liegt damit mehr als eine Million Stimmen vorn.

Die Finanzmärkte reagierten entsetzt. Das Pfund fiel auf seinen tiefsten Stand seit 1985, auch der Euro und der Ölpreis brachen ein. Für den heutigen Börsenstart wird in Europa und auch den USA mit deutlichen Kursrückschlägen gerechnet.

Langfristige politische Folgen

EU-Parlamentspräsident Martin Schulz gab sich angesichts des Votums der Briten zwar betont gelassen, aber allen Beteiligten dürfe klar sein, dass dies eine Zäsur darstellt, die Nachahmer auf den Plan rufen könnte. Populisten in den Niederlanden oder Ungarn haben schon mehrfach ein Referendum für ihre Länder gefordert.

Zudem steht auch der Zusammenhalt des Vereinigten Königreichs selbst auf dem Spiel: Nordiren und Schotten haben sich mehrheitlich für einen Verbleib in der EU ausgesprochen. Die schottische Premierministerin Nicola Sturgeon sagte in Reaktion auf das Referendum bereits, Schottland sehe sich "als Teil der EU". Das dürfte erneute Abspaltungstendenzen von England befeuern.

Schlecht für deutsche Industrie

Für die deutsche Industrie sind das alles schlechte Nachrichten. Das ifo-Institut hatte vor der Abstimmung eine Befragung durchgeführt. Demnach befürchtet mehr als ein Drittel des Firmen des Verarbeitenden Gewerbes in Deutschland negative Auswirkungen auf ihr Geschäft. Genau sind es 38 Prozent der Befragten, wie das ifo-Institut am Donnerstag mitteilte.

Keine Auswirkungen erwarten hingegen knapp 61 Prozent, positive Folgen gerade einmal ein Prozent. Insbesondere große Unternehmen mit über 500 Beschäftigten sind unruhig. Hier rechnen sogar 53 Prozent mit negativen Auswirkungen bei einem Brexit. Wenn Unternehmen im Exportgeschäft tätig sind, ist der Anteil ebenfalls leicht höher als im Schnitt, nämlich 41 Prozent.

Besonders viele Unternehmen der Elektroindustrie sehen sich negativ betroffen (52 Prozent), in der Automobilherstellung (49 Prozent), in der Metallbranche (45 Prozent) und im Maschinenbau (43 Prozent). Fast durchschnittlich betroffen fühlen sich die Chemiesparte (39 Prozent), unterdurchschnittlich die Branchen Nahrungsmittel (28 Prozent) sowie Textilien und Bekleidung (21 Prozent).

Quelle: marketSTEEL, ifo; Vorschau-Bild: fotolia

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