Der preisliche Unterschied zwischen langfristig gehandelten Metallen und automatisiertem Handel kann teilweise groß sein

von Dagmar Dieterle

Interview mit Markus Janovsky und Günther Wutzl, Gründer von RESOUREX.com

 

marketSTEEL: Ein zentraler Begriff auf der RESOUREX®-Homepage ist der Begriff „Highly Automated“. Was hat es mit diesem Begriff auf sich? Oder anders gefragt: Was macht RESOUREX® digitaler als andere Anbieter auf dem Markt?

„Highly Automated“ bedeutet, dass wir einen starken Fokus auf Automatisierung in unseren Prozessen und Dienstleistungen legen. Wir sagen auch End-to-End-Digitalisierung dazu. Im Endeffekt können wir mittlerweile ERP-Systeme von mehreren Unternehmen miteinander verbinden. Es ist nur noch ein einziger Knopfdruck aus dem kundeneigenen ERP-System notwendig, in dem festgelegt wird, welche Produkte verkauft werden, und selbst diesen einen Knopfdruck könnte man sich schon sparen. Die Vorlage der Preisspiegel erfolgt vollautomatisch. Der Endnutzer, in diesem Fall der Verkäufer, muss nur noch über die Preisspiegel schauen und sich entscheiden. Alle weiteren Arbeitsschritte sind voll digital. Mittlerweile geht es auch das man automatisch zuteilen lässt und ein Algorithmus hilft, das Optimum nicht nur vom Materialpreis, sondern auch von LKW-Ladungen zu finden. Hier werden Transportkosten und CO2 gespart. Man könnte sich sogar diesen Schritt sparen. Es wäre also schon möglich zu handeln, ohne einen einzigen Knopf zu drücken. Das bedeutet „Highly Automated“ :)

Wir versuchen außerdem immer weiterzudenken. Unser nächstes Ziel ist es, dass man als Nutzer nur noch bestimmte Parameter setzen muss und das System, wenn man möchte, eigenständig handelt.

Das gilt übrigens nicht nur für den Verkauf, sondern umgekehrt auch für den Ankauf von Metallen. Als stahlverarbeitender Betrieb kann ich meine Parameter in meinem ERP-System automatisch übertragen und Bedarfe anmelden. Diese Bedarfe können dann wiederum direkt von anderen ERP-Systemen oder von entsprechenden Stahlhändlern beantwortet werden.

marketSTEEL: Man kann sich das also vorstellen wie den automatisierten Handel von Aktien?

Im Prinzip ja. Das Problem war immer, dass der Handel von Stahl viel komplexer ist als der klassische Aktienhandel, da es viel mehr Parameter gibt und auch physisch transportiert wird. Hier haben wir viel probiert und neue Wege gefunden, dass man Stahl ähnlich wie Aktien am Sportmarkt traden kann. In diese Richtung wollen wir uns als Unternehmen auch weiterentwickeln.

marketSTEEL: RESOUREX® gibt es seit mehr als vier Jahren. Das war auch an Metallmärkten eine sehr turbulente Zeit. Können Sie uns einen Überblick über die Herausforderungen dieser Zeit und einen Ausblick auf die nächsten Jahre geben?

Am Anfang war es viel Überzeugungsarbeit, die ersten Early Adopter (wie es in der Start-Up-Sprache heißt) für unser Produkt zu gewinnen. Nachdem die ersten Trades erfolgt sind, haben wir zunehmend an Akzeptanz gewonnen und tolle Partner gewinnen können, die ihrerseits für Qualität gesorgt haben. So sind immer weiter Firmen dazugekommen, die sehr oft auch von anderen Marktteilnehmern empfohlen werden. Die Akzeptanz steigt und wird Jahr für Jahr noch besser werden. Es gibt bei unserem System keine große Hemmschwelle, da sich jeder das System so einrichten kann, wie er es möchte. Wir geben also nichts starr vor, sondern jeder kann das System genauso nutzen wie er will. Wir werden mehr und mehr zur Drehscheibe, manche Marktteilnehmer loggen sich bei uns nicht mal mehr ein, sondern bedienen alles aus deren System. In diese Richtung wird es auch weiter gehen und natürlich macht auch KI vor der Stahlwelt nicht halt. Wir beschäftigen uns schon einige Zeit damit, es gibt die ersten Integrationen und es entstehen wiederum neue Möglichkeiten.

marketSTEEL: Der preisliche Unterschied zwischen langfristig gehandelten Metallen und automatisiertem Handel kann teilweise groß sein. Gibt es da auch Risiken?

Automatisiertes Pricing gibt es, setzen wir jedoch bewusst noch nicht ein, von daher sind die Risiken dieselben wie beim bisherigen Handel. Der Benutzer muss die Preisakzeptanz also nach wie vor definieren. Ein automatisiertes Pricing ist wie vorhin erwähnt in Weiterentwicklung. Hier testen wir die Kopplung an verschiedenste Variablen wie einen ganzen Markt, einzelne Güten, Zeiträume, Kombinationen daraus uvm. Davon unabhängig ist es wie an der Börse: Ich kann Limits setzen und definieren, bis zu welchen Preisen ich bereit bin, ein bestimmtes Produkt zu kaufen oder zu verkaufen.

marketSTEEL: Bei RESOUREX® taucht auch immer wieder mal der Begriff „Women of Steel“ auf. Was hat es damit auf sich?

Das ist ganz einfach. Bei uns gibt es nicht nur die „Men of Steel“, sondern auch die „Women of Steel“. In unserem Team sind einige Frauen und die leisten großartige Arbeit, die sind spitze und manchmal muss man echt schauen das man da mithalten kann. Eins sei noch erwähnt, wir haben in der Stahlwelt schon viele „Women of Steel“ kennen gelernt, wir finden es gut, dass in dieser vermeintlichen Männerdomäne auch Frauen wichtige Positionen innehaben.

marketSTEEL: Abschließende Frage: Wo stehen RESOUREX® und die Stahlbranche in fünf Jahren? Wird es irgendwann nur noch automatisiert gehandelte Preise geben oder bleibt der Stahlhandel auch weiterhin vor allem ein Geschäft, das vom persönlichen Kontakt lebt?

Wir möchten die unterschiedlichen Entwicklungen im Stahlhandel mit RESOUREX® abbilden und begleiten. Wir bieten ein so flexibles System, man kann automatisch handeln, kann aber auch klassisch, sprich manuell. Es passt nicht für jeden alles und deshalb kann man sich seinen Prozess mit uns flexibel erstellen und so weit gehen wie man möchte oder wie es notwendig ist. Es wird sicher mehr und mehr digital gehandelt in Zukunft. Was vielen nicht klar ist: Es handeln heutzutage schon Maschinen untereinander. Es gibt bereits Maschinelle Kunden, diese werden auch "Custobots" genannt. Es sind nicht-menschliche Wirtschaftsakteure, die autonom verhandeln und Waren und Dienstleistungen gegen Bezahlung erwerben. Es gibt Studien, zum Beispiel von Gartner, dass es in den nächsten Jahren Milliarden vernetzter Produkte geben wird. Custobots werden schließlich bedeutender als der digitale Handel. Somit sollten strategische Überlegungen Möglichkeiten einschließen, diese Algorithmen zu unterstützen oder gar neue Custobots zu schaffen. Der Übergang wird fließend stattfinden und sicher noch eine ganze Weile dauern. Es ist also nicht anzunehmen das es in den nächsten Jahren keinen persönlichen Kontakt mehr geben wird. Digitale Tools werden mehr und mehr unterstützen. Lassen wir uns überraschen, wie die Transformation in der Stahlwelt aussehen wird. Um noch einmal zum Vergleich mit Aktien zurückzukommen. Eine Aktie hat vielleicht zwei oder drei Parameter, bei Stahl ist das deutlich komplexer. Da ist also im Stahlhandel noch viel Raum für digitale Entwicklungen, und es wird bestimmt noch einiges auf die Branche zukommen. Wir sind aber keine Träumer, welche die ganze Welt erobern wollen. Wir finden, dass wir ein großartiges System mit viel Potential haben, dass wir besser und besser machen werden. Unsere neueste Entwicklung, die RESOUREX® insights, zeigen einen kleinen Ausblick in welche Richtung es gehen kann ;)

Vielen Dank für das spannende Interview!

Markus und Günther, Gründer RESOUREX.com

Fotos: marketSTEEL

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